Schimmelbefall

 

Öfter mal auf

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 Klimawandel schädigt  zunehmend Kirchenorgeln durch Schimmelbefall    -    Tipps zur Prävention

 

Infolge des Klimawandels, der weitaus mehr Feuchtigkeit bei insgesamt wärmeren Temperaturen mit sich bringt,  siedeln sich in dramatischem Umfang in Kircheninnenräumen, und ganz besonders in Orgeln, Schimmelkulturen an. Orgelsachverständige gehen davon aus, dass aktuell jede dritte Orgel alte ebenso wie neuere Instrumente - von akutem Schimmelpilzbefall betroffen ist. 

 

Hinzu kommt, dass auch energetische Sanierungen und neue, dichtere Fenster zu einem geringeren Luftaustausch in Kirchen­ räumen und damit zu einer höheren Luftfeuchte führen. Infolge ständig steigender Energiekosten und leerer Gemeindekassen werden Kirchenräume außerdem überwiegend ausschließlich noch zu Gottesdiensten beheizt (danach findet kein hinreichendes Lüften mehr statt). Das Ausatmen feuchter Luft von Gottesdienstbesuchern (ca. 30 bis 50 g pro Person und Stunde) sowie „einge­schleppte" Feuchte (regen- und schneenasse Kleidung) leisten ihr Übriges .

Die oberflächennahen Materialfeuchten reichen aus, um Schimmelpilzwachstum zu ermöglichen. Schimmelpilze wachsen bevorzugt an wenig lichtexponierten Stellen im Kircheninnenraum. Dies sind oft die Unterseiten von Emporen, Altäre und vor allem das Innere der Orgeln. Schimmelpilze besiedeln prinzipiell alle Materialien, also Holz, Wandmalereien,  Lederabdeckungen und sogar Putze - "last not least" verwertbares organisches Ablagerungsmaterial wie etwa Staub. Besonders  in Orgeln  sind  Schim­melpilze zusätzlich vor für sie schädlichem UV-Licht geschützt . Oft ist der Schimmelpilzbewuchs dann nicht gleich auf den ersten Blick zu erkennen. Nur eine Inspektion oder Raumluftmessung bringt dann Aufschluss. In vielen Kirchen sind im Sommer die Fenster geöffnet. Es wird so meist zum falschen Zeitpunkt gelüftet, so dass feuchtwarme Außenluft in die Kirche gelangt und an den kalten Kircheninnenwänden kondensiert.  Im  Winter  dagegen   wird  vor  und zum Gottesdienst der Kirchenraum angenehm  erwärmt.  Die  warme  Luft  nimmt

viel Feuchtigkeit aus der Atemluft der Besucher, aus deren feuchter Kleidung und aus feuchten Kirchenmauern auf. Wird die Kirchenheizung unmittelbar nach dem Gottesdienst wieder ausgeschaltet, fällt die Raumtemperatur rapide ab und die relative Luftfeuchte steigt auf 70 % und höher. An den kältesten Stellen im Kirchenraum kann der Taupunkt sogar unterschritten werden und Wassertröpfchen werden ausgeschieden, meist an kalten Materialoberflächen wie an denen der Orgel.

Meist unterbleibt infolge von Unwissen­heit, Personal- und Zeitmangel nach den Gottesdiensten ein ausreichend intensives bzw.langes Lüften. Manchem Schimmelpilz reicht zum Wachstum eine Oberflächen nahe relative Luftfeuchte (= Wasseraktivität) von ca. 65 bis 70 % (0,65 bis 0,70). Es muss nicht einmal Kondensation auftreten. Diese Schimmelpilze nennt man xerophil (trockenheitsliebend). Auf besonders so angefeuchteten und zudem noch staubigen Oberflächen wachsen diese Schimmelpilze.

 

GEFAHRENPOTENZIAL

 

Die Luftströme des Orgelwindes lösen die meist sehr gut flugfähigen Sporen der Schimmelpilze an den Oberflächen im In­neren der Orgeln ab. Mit dieser Luft werden Schimmelsporen auch aus der Orgel heraus getrieben und in der Raumluft verteilt. Vor allem Organistinnen und Chorsängerlnnen sind dann einer höheren Schimmelbelastung ausgesetzt.

Da Schimmelpilze auch Substrate wie Holz oder Leder abbauen und verwerten, können sie zudem materialschädigend sein.

Denn Schimmelpilze scheiden über ihren sogenannten Sekundärstoffwechsel die unterschiedlichsten chemischen Substanzen aus. Dies sind nicht selten korrodierend wir­ kende organische Verbindungen wie Säuren. Sie können eine große Gefahr für das Innere der Orgeln werden, da sie Holz, Kunst­stoffe und Metalle angreifen und zersetzen können. Auch Farben und Pigmente von Malereien können betroffen sein. Ohne dass es auf den ersten Blick von außen sichtbar wird, sind u. a. Pfeifen, Windkanäle und -laden von Schimmelpilzen besiedelt. Leime und Leder werden korrosiv angegriffen, die Leimfugen gehen invasiv auf, Leder versprödet und die Orgel wird letztendlich er­heblich geschädigt.

 

PRÄVENTIVE MASSNAHMEN

 

Im Sommer sollten Kirchenräume nur belüftet werden, wenn die relative Luftfeuchte der Außenluft niedriger ist als diejenige im Kirchenraum, d. h. die Außenluft muss trockener sein als die Kirchenluft. Das kann man leicht mit Thermohygrometern fest­ stellen, die optimaler Weise über eine Taupunktanzeige verfügen. Meist ist aber die Außenluft im Sommer feuchter als in der Kirche. Gelangt sie in die Kirche, wird es an den kältesten .Stellen zunehmend feuch­ter und schließlich kann es gar zu Tauwas­serausfall (Kondensatbildung) kommen.

Günstig ist es, die Wände der Kirche nie ganz auskühlen zu lassen und eine gewisse stabile Grundtemperatur zu halten. Hier haben sich auch aus energieeffizienter Sicht ca. 8-12° C bewährt. Nach Gottesdiensten ist es wichtig, dass zusätzlich eingeschleppter Wasserdampf  wieder  ausreichend  aus dem Kirchenraum abgeführt wird. Günstig wäre  es, die Luft im Kircheninneren  per „Durchzug" auszutauschen. Vor  allem Quer­lüftung (also z. B. das Öffnen gegenüber­ liegender Fenster) ist effizient. Im Winter lüftet man nur etwa 10-15 Minuten, damit Ausstattung und Wandoberflächen nicht zu stark auskühlen. Im Sommer können dagegen mehrere Luftwechsel erfolgen, was· durch Lüften bis zu einer Stunde erreicht wird. Günstig wären hier die frühen Mor­genstunden oder der Abend, wenn die Au­ßenlufttemperatur wieder sinkt. Im Som­mer sollte man an Gewittertagen möglichst nicht lüften.

 

REINIGUNG UND BELÜFTUNG

 

Untersuchungen zeigen, dass an oder in Kirchenorgeln meist xerophile Schimmelpilze (z. B. aus der Aspergillus glaucus-Gruppe) wachsen. Diese Pilze sind wahre Überlebenskünstler: Sie benötigen nur wenig oberflächennahe Luftfeuchtigkeit (Wasseraktivitäten), um wachsen zu können. Es gibt heute bereits effiziente Orgelbelüftungsan­lagen, die Orgeln so belüften und klimati­sieren, dass Schimmelpilzbildung „neben­wirkungsfrei" verhindert wird. Zusätzlich werden über einen speziellen Filter alle Sporen, Myzelbruchstücke und Konidiophoren (Sporenträger) aus der Luft herausgefiltert. Schimmelpilze können sich somit in der Orgel nicht mehr ansiedeln oder vermehren.

Stark verschimmelte Orgeln -von denen es stetig mehr gibt - müssen meist zerlegt und gereinigt werden, um alle pilzbefallenen Bereiche zu erfassen. Dabei ist darauf zu achten, dass die Orgeln vor der Reinigung gekapselt werden, um eine Ausbreitung der leicht ablösbaren Sporen und damit eine Sekundärkontamination zu verhindern. Alle Oberflächen müssen dann entweder mit Staubsaugern, die mit sogenannten HEPA-Filtern ausgestattet sind, und Saugbürsten gereinigt oder mit emulgiertem Wasser abgewischt werden. Danach muss der Schimmel noch oxidativ deaktiviert werden. Unter Umständen ist noch ein zugelassenes Fungizid zur Vorbeugung aufzutragen.