Pflege einer Orgel

Eine Information für Pfarrer, Pfarrgemeinderäte, Mesner, Organisten.

 

Aus guten Grund ist die Pfeifenorgel seit vielen Jahrhunderten das Musikinstrument der Kirche. Sie gibt unserer christlichen Feierkultur eine einzigartige klangliche Prägung, die unverwechselbar ist und infolgedessen auch identitätsstiftende Wirkung hat. Gottesdienste können durch das solistische Orgelspiel eine maßgebliche künstlerische Erhöhung erfahren und bei der Begleitung von Gemeinde, Chor und Kantor leistet die Orgel unverzichtbare Dienste. Kein anderes Musikinstrument ist in der Lage, die innerhalb unserer Liturgien gestellten Anforderungen in gleicher Weise zu erfüllen. Dieser herausragenden klanglichen Stellung entsprechend, trägt die Orgel zu Recht den Titel „Königin der Instrumente“.

Zweifellos zählt die Pfeifenorgel auch zu den teuersten, kunstvollsten und architektonisch prägnantesten Gegenständen kirchlichen Inventars. Eine gute Pflege garantiert die Wertbeständigkeit  des Instruments und erhöht die Akzeptanz bei Spielern und Hörern.

 

    Die Orgelpflege durch den Orgelbauer- Der Orgelpflegevertrag

 

Der Abschluss eines Orgelpflegevertrages mit einer sachkundigen Orgelbaufirma garantiert, dass die bauliche und klangliche Substanz des Instruments in regelmäßigen Abständen (jährlich) überprüft wird und damit negative Veränderungen rechtzeitig erfasst werden .

 

    Die Hauptausreinigung

 

Etwa alle  20 Jahre muss eine Orgel grundlegend gereinigt werden.

 

     Die Orgelpflege durch den Organisten

 

Für die Pflege rund um den Orgelspieltisch sollten sich die Organisten verantwortlich zeigen und Sorge tragen, dass sich ihr Arbeitsplatz stets in einem ordentlichen Zustand befindet. Der Orgelspieltisch darf nicht Ablageplatz von allerlei Krimskram sein, wie beispielweise Liedzettel, Büroklammern,  Papiertaschentücher.

Je nach Verschmutzung empfiehlt es sich, die Manualklaviaturen von Zeit zu Zeit mit einem Staubtuch bzw. einem leicht feuchten Tuch zu reinigen.

Um im Orgelinneren keine Temperaturstaus zu erzeugen, muss unbedingt darauf geachtet werden, dass beim Verlassen der Orgel die Jalousien des Schwellwerks offen sind, da ansonsten mit einer Verstimmung des Pfeifenwerks zu rechnen ist.

Ebenso empfiehlt es sich, beim Verlassen der Orgeln alle Koppeln auszuschalten, um deren Mechanik zu entlasten.

 

Das Raumklima

 

Orgeln und andere Kunstgegenstände in Kirchen erfordern ein zuträgliches Raumklima, weil ansonsten Schäden entstehen können. Überwiegend verarbeitetes Material in Orgeln ist Holz. Holz, ein organisches Material mit hygroskopischer Eigenschaft, kann sich zu einem gewissen Grad (Fasersättigungspunkt) seiner Umgebungsfeuchte anpassen, ohne dabei Schaden zu nehmen. Weist ein Raumklima allerdings für einen längeren Zeitraum eine überhöhte Feuchte bzw. eine große Trockenheit auf, hat dies negativen Einfluss auf das Holz. Es beginnt zu quellen bzw. zu schwinden. Holzveränderungen solcher Art schädigen Orgel erheblich und ziehen kostenintensive Reparaturen nach sich.

Die Holzfeuchte hat zudem großen Einfluss auf die Gefährdung durch Holzschädlinge wie Pilze und Insekten.

Ein gutes Raumklima sollte eine relative Feuchte von etwa 50 bis 60 % aufweisen!

Für das Raumklima verantwortlich, sind zwei physikalische Größen, die sich gegenseitig beeinflussen: Lufttemperatur (°Celsius) und Luftfeuchte (% relative Feuchte).

In Luft ist immer auch eine bestimmte Menge an Wasser in Form von unsichtbarem Wasserdampf enthalten. Erkennbar wird dies, wenn warme Luft rasch abkühlt, beispielsweise an kalten Fensterscheiben. Dann schlägt sich der Wasserdampf als Kondenzwasser („Schwitzwasser“) nieder. Das gleiche passiert, wenn im Freien Nebel entsteht, weil die Luft sich stark abkühlt. Dies ist so, weil Luft nur eine bestimmte Menge Wasserdampf aufnehmen kann und diese Aufnahmefähigkeit abhängig ist von der Temperatur. Kalte Luft kann nur wenig Wasserdampf aufnehmen, warme Luft viel Wasserdampf. Direkten Einfluss auf die Raumfeuchte hat insbesondere auch das Heizen und Lüften.

Einige Beispiele:

 

Mit einem zu feuchten Raumklima ist zu rechnen:

 

Das  häufig praktizierte Frühjahrslüften hat häufig eine Überfeuchtung des Raumes zur Folge: Die Kirchentüren werden hier oft an den ersten warmen Tagen weit geöffnet. Die einströmende Warmluft kühlt dann folglich im Raum ab, verliert ihr Feuchtefassungsvermögen und die Feuchte kondensiert an den kalten Oberflächen.

Ebenso kollabiert das Raumklima, wenn ein warmer, mit Luftfeuchte gesättigter Raum rapide abkühlt. Dies geschieht vielerorts in der Weihnachtszeit. Hier sind meist viele Personen anwesend und bringen Feuchtigkeit in Form von feuchter Kleidung und Atemluft in den Raum ein. Zeigt das Hygrometer während des Gottesdienstes beispielsweise eine relative Feuchte von 65% bei einer Raumtemperatur von 15°C an, so ist nach einer Raumabkühlung auf 8,5°C der kritische Taupunkt (100% relative Feuchte) erreicht (siehe Taupunkttabelle  im Anhang).

Das bedeutet: die Aufnahmefähigkeit der Luft ist erschöpft und der überschüssige Wasserdampf setzt sich an den kalten Flächen (Fenster, Wände, Orgelteile) als Wasser ab.

 

Mit einem zu trockenen Raumklima ist zu rechnen:

 

Probleme durch trockene Luft können entstehen, wenn häufig auf höherer Temperaturstufe durchgeheizt wird. Dadurch, dass die Raumtemperatur nicht absinkt, kann die Luftfeuchte sich nicht mehr erholen, und es kommt zu starken Trocknungserscheinungen. Eine Austrocknung des Raumes bringt ebenso folgende Situation: kalte feuchte Winterluft, die beim Lüften ins Kircheninnere kommt, wird beim Erwärmen trocken, weil die Wasseraufnahmefähigkeit der Luft durch das Erwärmen größer wird, aber die in der Luft enthaltene Wassermenge (absolute Feuchte) gleich geblieben ist.

Ergebnis: Trotz des (gut gemeinten) Lüftens bleibt das Raumklima trocken. Man darf sich also nicht dadurch täuschen lassen, dass die kühle Außenluft feucht ist, denn sie ist das nur so lange, wie sie kühl ist (relative Feuchte).

 

Überhöhte Luftfeuchte:

 

Häufigsten Ursachen einer zu hohen Luftfeuchte ist ein Lüften zum falschen Zeitpunkt ohne  Berücksichtigung der absoluten Innen- und Außenfeuchte / “Frühjahrslüften“ Große Menschenansammlung (Wasserdampfabgabe pro Person ca. 30 g/h) Auskühlen unter Taupunkttemperatur (Kondensation) ist die Luft über längere Zeit feuchter als 65%, besteht u.a. die Gefahr, dass Materialien aufquellen oder das Pilzen gefördert wird uns es zu Schimmelpilzbefall kommt.

Festzustellen ist, dass Schimmelpilzbefall in Innenräumen, so auch in Kirchenräumen, die letzten Jahre zugenommen hat.

Als mögliche Ursachen können dafür in Frage kommen: unzuträgliches Heizen und Lüften (fehlendes Wissen rund um die Problematik des Taupunkts) bauliche Mängel und bauliche Defizite (beständige Baufeuchte, “dichte Bauweise“, diffusionsarme Oberflächen) verschmutzte Räume (vorhandene Nahrungsquellen des Pilzes, z.B. Staub) die Zunahme der bakteriologischen Luftverschmutzung.

Beim Vorhandensein einer oder mehrerer dieser Gegebenheiten ist Schimmelpilz  vornehmlich vorzufinden an feuchten, schlecht durchlüfteten Bereichen mit wenig Lichtzutritt. Durch die in der Luft umherfliegenden Schimmelsporen sind Personen, die sich in pilzbefallenen Räumen aufhalten, gesundheitlichen Risiken ausgesetzt. Die Sporen sind lungengängig (Größe 2 µm bis 20 µm) und von ihnen kann eine allergene, toxische, karzinogene und infektiöse Wirkung ausgehen. Aus Gründen der Gesundheitsvorsorge kann das Vorhandensein von Schimmelpilzen in Räumen nicht toleriert werden.

Keinesfalls darf Schimmel berührt oder einfach weggewischt werden. Eine Reinigung muss von fachlicher Seite aus erfolgen, auf der Grundlage einer mikrobiologische Analyse. Je nach Art und Ausmaß des Schimmels - es gibt viele tausend Arten - kommen dabei unterschiedlichen Mittel zum Einsatz.

 

Vorbeugende Maßnahmen hinsichtlich einer Überfeuchtung des Raums zur

Vermeidung von Schimmelpilzbildung und Aufquellen von Materialien

 

Eine fachgerechte Bekämpfung von Schimmelpilzen oder das Instandsetzen von aufgequollenen Hölzern ist zeitintensiv und damit auch teuer. Vorbeugenden Maßnahmen sind unerlässlich, dazu gehören:

Bereits bei der Planung von Kirchenräumen und Orgeln ist darauf zu achten, dass Orgeln genügend Platz eingeräumt wird. Eine verbaute oder zu enge Orgelanlage ist oft schlecht durchlüftet und begünstigt ein feuchtes Mikroklima in diesen Zonen zu vermeiden und eine ausreichende Luftzirkulation zu gewährleisten.

Beseitigung beständiger Baufeuchten und Beseitigung von Wärmebrücken:

Sauberkeit reduziert das „Nahrungsangebot“ für Schimmel im Kirchenraum und in Orgelinneren. Dazu gehört Staub, Papier, organische Materialien. Verzicht, bei feuchtem Raumklima zusätzlich Feuchtigkeit einzubringen (keine intensiven Nassreinigungen).

Erhöhung der Raumtemperatur:

Kontinuierliche Überwachung und Regulierung des Raumklimas (Thermo-, Hygrometer oder Datenlogger, kontrolliertes Lüften, Lüftungsautomatik). Eine Tauwasserbildung fördert das Wachstum von Mikroorganismen und Schimmelpilzen enorm!

Ist es erst einmal zu Schimmelpilzbefall gekommen, ist es wichtig, die Ursache(n) zu klären und wirkungsvolle Gegenmaßnahmen einzuleiten. Eine Reinigung hat meist nur kurz Bestand, wenn sie die Ursache des Befalls ignoriert!

Bei Materialien die bereits einmal kontaminiert waren und anschließend gereinigt wurden, genügt oft eine kurzzeitige Raumüberfeuchtung, um den Schimmelpilz wieder aktiv werden zu lassen.

 

Zu niedrige Luftfeuchte:

 

Häufigsten Ursachen einer zu niedrigen Luftfeuchte sind starkes und schnelles Aufheizen vor Gottesdiensten, ein Lüften zum falschen Zeitpunkt ohne Berücksichtigung der absoluten Innen- und Außenfeuchte sowie extrem heißes und trockenes Außenklima.

Schäden durch trockene Luft: ist die Luft über längere Zeit trockener als 45%, besteht die Gefahr, dass Risse in den Massivholzteilen der Orgel entstehen können, weil dem Holz die natürliche Feuchte entzogen wird. Dies gilt auch für andere Kunstgegenstände, bemalte Emporebrüstungen und Holzdecken. Holzrisse können eine Orgel unter Umständen schwer beschädigen und kostenintensive Reparaturen nach sich ziehen.

Vorbeugende Maßnahmen hinsichtlich einer Unterfeuchtung des Raums zur Vermeidung von Holzschwund und Rissbildungen in Hölzern. Erheblicher Schaden entsteht, wenn wichtige Holzteile reißen oder durch Schwund in Mitleidenschaft gezogen werden. Unter Umständen kann das einen Totalausfall verursachen. Vorbeugenden Maßnahmen sind:

Hygrostatgesteuerte Befeuchtungsanlage: Einbringen von Feuchtigkeit mittels feuchter Tücher bzw. behutsamen Besprengen des Fußbodens (falls dieser feuchtigkeitsresistent ist). Eine derart künstliche Anhebung der Feuchte hängt allerdings von den jeweiligen Umständen ab. Sie sollte deshalb in Abstimmung mit dem zuständigen Orgelbauer erfolgen.

Senkung der Raumtemperatur: Kontinuierliche Überwachung und Regulierung des Raumklimas (Thermo-, Hygrometer oder Datenlogger, kontrolliertes Lüften, Lüftungsautomatik).

Wichtig: Laut Orgelbau- und Pflegevertrag haftet der Hersteller nicht für Orgelschäden, die durch ein unzuträgliches Raumklima verursacht wurden.

Das Beheizen von Kirchenräumen

 

Erst seit relativ kurzer Zeit sind unsere Kirchen mit Heizungen ausgestattet. Sie tragen unseren (zuweilen fragwürdigen) zivilisatorischen Gewohnheiten Rechnung, können gleichzeitig aber auch erheblichen Schaden anrichten. Eine falsche Handhabung belastet erheblich das Raumklima und verursacht extreme Verstimmungen des Pfeifenwerks von Orgeln. Das Heizen muss immer planvoll und behutsam geschehen, um Schäden von Orgeln sowie anderen Kunstwerken abzuwenden. Weniger heizen ist meist besser und hilft zudem die Heizkosten zu senken.

Die wichtigsten Regeln beim Heizen sind: Langsam auf- und abheizen (max. 1,5° pro Std.), niedrige Grundtemperatur wählen (5 bis 8° C), niedrige Höchsttemperatur wählen (nicht mehr als 15° C) Luftfeuchtigkeit überprüfen (45 bis 65 %).

Unsere Kirchen haben in der Heizperiode meist eine Grundtemperierung und vor den Gottesdienstzeiten wird dann hinzugeheizt. Mehr als 15° C sind nicht nötig, weil die Kirchenbesucher Ihre Mäntel nicht ablegen und zudem mit jedem Grad mehr, die Heizkosten beträchtlich ansteigen.

Da warme Luft stets nach oben steigt, ist es im oberen Bereich des Kirchenraums, wo die Orgel meist steht, ohne hin noch wärmer als im unteren. Der Unterschied kann mehrere Grad ausmachen. Wichtig ist, dass der Wechsel zwischen der niedrigen und der hohen Temperatur, das so genannte An- und Abheizen, nicht schneller erfolgt als mit 1,5° C pro Stunde. Wollte man beispielsweise eine Temperatur von 8°C auf 15°C bringen, dauert der Aufheizvorgang (15-8): 1,5=4,6, also rund 4 ½ Stunden. Die Luft wird dabei nicht so stark ausgetrocknet, wie es bei raschen Aufheizen der Fall wäre. Die Luftfeuchte kann sich in manchen Kirchen durch die Feuchtigkeit, die in Mauerwerk enthalten ist, zusätzlich wieder etwas erholen. Außerdem fühlt sich der Kirchenbesucher nach langsamen Aufheizen wohler, weil auch Umgebungswände und Mobiliar (Bänke) besser erwärmt sind. Dadurch  werden Zuglufterscheinungen vermieden. Diese entstehen, wenn stark erwärmte Raumluft mit kalten Umgebungswänden oder Fenstern in Berührung kommt. Diese Luftströmungen verursachen zudem eine starke Verschmutzung der gesamten Kirche, insbesondere wenn ungesteuerten Warmluftheizungen zum Einsatz kommen.

Durch langsames Aufheizen leidet auch die Stimmung der Orgel weniger, weil sich das Innere des  Instruments erwärmen kann und dadurch keine Temperaturunterunterschiede zwischen Prospekt (Vorderseite) - der sich wegen der vorbeiziehenden Wärme zuerst erwärmt - und dem Orgelinneren entstehen. Diese Temperaturunterschiede sind für die heizungsbedingten Verstimmungen verantwortlich.

Moderne Warmluftheizungen sind mit einer „Anheizautomatik“ ausgerüstet, die für ein langsames An- und Abheizen sorgt.

Größe Schäden können entstehen, wenn vergessen wird, eine elektrische Bankheizung auszuschalten. Deshalb sollte bei Heizungen eine Feuchte-Steuerung (Hygrostat-Schaltung) eingebaut sein, die die Heizung ausschaltet, sobald ein bestimmter Luftfeuchtewert unterschritten wird.

Verhältnis von Heizenergie und Luftfeuchte: Trockene Luft auf Temperatur zu halten, erfordert weniger Heizenergie, als feuchte Luft auf Temperatur zu halten.

Das Lüften von Kirchenräumen

 

Unkontrolliertes, falsches Lüften ist eine der Hauptursachen, die ein mangelhaftes Raumklima entstehen lassen und Schäden verursacht!

Lüften bewirkt zwar Wärmeverluste, ist aber auch aus hygienischen Gründen unerlässlich.

Ob, wann und wie lange gelüftet werden darf bzw. muss, ist rein gefühlsmäßig leider nicht eindeutig zu bestimmen und sollte daher messtechnisch geschehen. Eine objektive Aussage zu „Lüften ja-nein?“ kann nur gemacht werden, wenn die absoluten Feuchten des Innen-und Außenraums in Relation zueinander gestellt werden. Zwar kann dies unter Zuhilfenahme von Tabellen auch manuell geschehen, besser bewährt hat sich hierbei allerdings die automatisierte Fensterflügellüftung. Ein Regler vergleicht hierbei permanent die Temperatur und Luftfeuchte in Innen –und Außenbereich und entscheidet (in 24-Stunden-Betrieb), ob gelüftet werden soll. Im Bedarfsfall werden dann von kleinen Motoren automatisch die Fenster geöffnet, bzw. geschlossen.

Wichtig: Unsachgemäßes Beheizen und Lüften der Kirchenräume sind Hauptverursacher von Schäden an Orgeln!

 

 

Michael Walcker-Mayer    

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